A wie Annehmen

Die eigene Situation zu akzeptieren ist tatsächlich der Anfang einer Lösung.
Möglicherweise sogar die Lösung.

Um diese beiden Sätze nicht wie eine Floskel schreiben zu können, sondern sie ganz und gar zu unterzeichnen, habe ich viele Jahre genau das Gegenteil gelebt. Ich war nämlich die Weltmeisterin des Widerstandes, jemand, die vieles nicht einfach so annehmen oder stehen lassen konnte und viel, viel Wut mit sich und nach außen trug.
Widerstand gegen „das was ist“ war so etwas wie eine Überlebensstrategie von mir.
Doch: Nicht zu akzeptieren, dass die Dinge so sind wie sie sind, macht auf Dauer nicht wirklich glücklich.
Gegen die Realität den eigenen Kopf durchsetzen zu wollen, hört sich möglicherweise mutig an, aber oftmals ist es auch einfach nur Hartnäckigkeit oder die naive Vorstellung, dass sich die Welt doch um einen selbst drehen muss. Jedenfalls sehe ich das heute so.

Wir haben in den meisten Situationen drei Wahlmöglichkeiten: Leave it, change it or love it.

Den Job zu kündigen, eine Beziehung zu beenden oder etwas nicht mehr mitzumachen, ist dann meiner Meinung nach eine richtige Entscheidung, wenn man zuvor alle Optionen ausgelotet hat, also ausreichend in change it“ investiert hat.

  • Habe ich mehr als genug Auseinandersetzungen mit meinen Vorgesetzten geführt?
  • Habe ich mich tatsächlich dafür eingesetzt, dass sich Arbeitsbedingungen verbessern?
  • Und habe ich wirklich alles mir mögliche für den Erhalt der Kommunikation innerhalb einer Beziehung getan?

Wenn ich diese Fragen ganz und gar mit „Ja“ beantworten kann und sich nichts in die Richtung getan hat, die ich mir wünschte, darf, ja muss ich sogar die Konsequenzen ziehen und gehen. Dann ist das „Nein“ gegen einen unberechenbaren Chef, unzumutbare Arbeitsbedingungen oder eine/n desinteressierten Partner/in ein „Ja“ zu sich selbst. Dann nehme ich mich und meine Motive an, akzeptiere, dass ich „verloren“ habe und verlasse den Raum mit Herzklopfen, schmerzlichen Gefühlen und eine leisen Vorfreude auf das, was kommen wird.

Die „leave its“ haben mich wirklich weitergebracht in meinem Leben.

Aber irgendwann wurden mir die Wiederholungen zu viel. Nach der dritten beendeten Liebesbeziehung war mir dann auch klar, dass meine Hartnäckigkeit nicht mein Glück vermehren würde und ich mich mehr dem „love it“ zuwenden sollte.

Heute übe ich mich darin, auch die komplizierten, schmerzhaften, undurchsichtigen Seiten einer Situation oder eines Menschen anzunehmen. Das hört sich verdammt weise an, ja, aber ich bin halt auch nicht mehr die 25-Jährige, die die Welt aus den Angeln heben will.

Im „love it“ stellt sich manchmal eine verblüffend tiefe Ruhe ein, eine ganz erstaunliche Ruhe…
wie als ob man mitten im Auge eines Orkans sitzen würde.

Soll der Sturm doch vorüberziehen, denke ich mir, lass mal, wird schon wieder.

Achtsamkeit und Mitgefühl sind Schlüssel für diese Haltung. Beides stellte sich bei mir nicht einfach so durch das Lesen eines Buches oder Artikels ein. Es war ein jahrelanger Lernprozess, bis ich beiden Qualitäten die Türen zu meinem Kopf und Herz geöffnet habe. Ein Prozess, den ich nicht missen möchte, der mich wirklich weiter gebracht hat und über dessen Erkenntnisse ich sehr gern im Einzelcoaching oder in Gruppen spreche.


Die Autorin